Kaffeewissen

Espresso verbrannt? Darum schmeckt Dein Espresso bitter!

Diese Frage hört man immer wieder. Doch was steckt hinter diesem Phänomen und wie kann man dem entgegenwirken?
Egal, ob man nun weiß woher das Problem kommt oder nicht ist eines sicher: sieht man sich mit dieser Frage konfrontiert schmeckt der Kaffee wohl sehr bitter und die Vermutung er wäre verbrannt liegt daher sehr nahe. Ein tatsächliches verbrennen des Kaffees beim Brühvorgang gibt es allerdings nicht. Was hier stattfindet ist eine Überextraktion.

Zwei Möglichkeiten gibt es, eine Überextraktion zu erkennen.
Die wohl eindeutigste ist der übermäßig bittere Geschmack und ein sehr trockener Abgang. Weiter schmecken solche Espressi oft wässrig und flach. Die zweite Variante an der man merkt, dass der Kaffee zu stark extrahiert wurde, ist die Optik des fertigen Getränks. Die Crema wird in diesem Fall sehr dünn, teilweise regelrecht „brüchig“ und hat eine wesentlich dunklere Farbe als üblich.
Das Standartrezept für einen gelungenen Espresso spricht von einem Wasser zu Kaffee-Verhältnis von 1:2. Vereinfacht gesagt: Wenn Ihr Euren Espresso mit 18g Kaffee im Siebträger brüht, solltet Ihr etwa 36g fertigen Espresso in der Tasse haben. Natürlich ist das nicht in Stein gemeißelt und kann je nach Geschmack auch variieren.
Das oben angesprochene Verhältnis bezeichnet man als „Brew Ratio“. Der Begriff wird gleich noch einmal wichtig.

Jetzt möchte ich zunächst einmal die Extraktion in drei Abschnitte einteilen, um die Überextraktion etwas verständlicher zu machen:
In der ersten Phase hat der Espresso eine sirupartige Konsistenz und bringt viel Säure, sowie fruchtige Aromen mit sich. In der zweiten Phase erhält der Kaffee das, was man als „Körper“ bezeichnet. Es sind hauptsächlich Öle und vollmundige Aromen, die sich jetzt zeigen. Diese Phase ist hauptverantwortlich für den typischen Kaffeegeschmack. In den letzten acht bis zehn Sekunden wird das Getränk etwas dünner und die Crema bildet sich. Nun werden durch das heiße Wasser ein Teil der Bitterstoffe in den Bohnen gelöst. Diese Bitternoten können bis zu einem gewissen Punkt gewünscht sein und als angenehm wahrgenommen werden. Ist die letzte Phase allerdings zu lang, sprich beendet man den Bezug des Espressos nicht rechtzeitig, wird dieser zu stark extrahiert und somit unangenehm bitter. Man landet dann zum Beispiel bei einem Ratio von 1:3, was bedeutet, dass die Menge an heißem Wasser für die gewählte Kaffeemenge einfach zu groß war. Wie oben beschrieben spricht das Standardrezept ja von einem Verhältnis von 1:2.
Hier haben wir auch schon die erste Ursache für die Überextraktion: Ein zu großes Brew-Ratio.

Übrigens: Eine gute Übung, um die verschiedenen Phasen der Extraktion zu erschmecken und zu verstehen ist der sogenannte „Salami Shot“. Diesen erkläre ich Euch ein anderes mal.

Wie löst man nun dieses Problem?
Ziel ist es in einem solchen Fall das Brew Ratio zu verkleinern. Ihr müsst Euch entscheiden, ob Ihr den Brühvorgang früher beendet, also weniger Getränk in der Tasse habt oder mit mehr Kaffee im Siebträger startet. Am leichtesten ist es aus meiner Erfahrung heraus, die Menge des gemahlenen Kaffees im Siebträger unverändert zu lassen und die Wassermenge anzupassen. Ein einfaches Beispiel: Nehmen wir an Ihr hattet bis jetzt 12g gemahlenen Kaffee im Siebträger und zum Schluß 40g des braunen Goldes in der Tasse, dann haben wir ein Verhältnis von 1:3,33. Wenn Ihr Euch dem Standartrezept annähern wollt, macht es Sinn, nach etwa 24g Espresso den Brühvorgang zu beenden. Ihr habt jetzt ein Ratio von 1:2 erreicht. Sollten trotz allem immer noch unangenehme Bitternoten erkennbar sein, könnt Ihr jetzt etwas mehr gemahlenen Kaffee nehmen. Dadurch wird zwar das Brew Ratio nochmal etwas kleiner, allerdings verschwinden so auch die letzten ungewollten Bitternoten.

Kleiner Tipp am Rande: Wer sich im Bezug auf die Kaffeemenge unsicher ist, schaut am Rand des Siebes nach, dort steht sehr oft für wie viel Gramm dieses Sieb geeignet ist. Im schlimmsten Falle könnt Ihr auch den Hersteller fragen oder vielleicht kennt Ihr sogar einen Kaffeenerd in Eurer Nähe.

Zu lange Brühzeit – zu fein gemahlen
Ein weiterer Grund für überextrahierten, bitteren Espresso ist eine zu lange Kontaktzeit zwischen Wasser und Kaffee während des Brühvorgangs. Dies geschieht, wenn Ihr Euren Espresso zu fein gemahlen habt. Zu fein gemahlen bedeutet, dass das Wasser mehr Widerstand auf dem Weg in die Tasse erfährt und somit länger in Kontakt mit dem Kaffeemehl ist. Je länger dann die Kontaktzeit, umso mehr wird extrahiert bzw. um so weiter schreitet die Extraktion fort. Und wir wissen jetzt, dass an deren Ende die Bitterstoffe den Weg in die Tasse finden. Erkennbar ist das Ganze am sehr langsamen heraustropfen des Kaffees aus der Maschine. Der Espresso ist sehr dunkel, sirupartig und tropft nur sehr langsam vor sich hin. Diese Problematik lässt sich einfach in den Griff bekommen, in dem man den Mahlgrad etwas gröber stellt. Seit aber beim verstellen des Mahlgrades sehr vorsichtig und macht das ganze in möglichst kleinen Schritten. Ihr werdet überrascht sein, wie groß der Unterschied auch bei nur kleinen Korrekturen sein kann.

Was ist mit der Wassertemperatur?
Nun, die Wassertemperatur ist auch eine der vielen Variablen, wenn es ums Espresso brühen geht. Je heißer das Wasser – desto mehr Kraft hat es in der Extraktion. Wenn der Mahlgrad richtig eingestellt, die Dosierung optimal, der Espresso aber immer noch bitter ist, dann schaut Euch die Wassertemperatur genauer an. Als Faustregel gilt, je dunkler die Röstung umso niedriger die Temperatur. Man muss hierbei wissen, dass durch das Rösten der Kaffeebohne die Zellstruktur mit fortschreitendem Röstgrad immer mehr aufgebrochen wird. Soll heißen, es wird für das heiße Wasser einfacher, die Inhaltsstofe aus dem Kaffee zu lösen. Je dunkler also die Röstung, um so leichter hat es das Wasser bei der Extraktion. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass Wasser nicht extrem heiß sein muss. Oftmals reichen bei einer sehr dunklen Röstung schon 90°C. Bei helleren Röstungen kann man gut und gerne auch bis etwa 96°C gehen.
Trotz aller Regeln lasst Euch gesagt sein: Solange der Kaffee schmeckt, trinkt ihn. Denn wie ich oben bereits erwähnt habe ist nichts in Stein gemeißelt. Am Ende des Tages entscheidet immer Euer persönlicher Geschmack.

Ich hoffe Euch mit diesem Artikel geholfen zu haben.
Solltet Ihr noch weitere Fragen haben, dann schreibt mir einfach einen Kommentar oder gerne auch eine E-Mail.

2 KOMMENTARE
  • Dan
    Antworten

    Very well written! A lot of great tips to make my espresso even better

    1. Mario Vena
      Antworten

      Thank you very much for your comment! I´m glad I could help you!

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