Kaffeewissen

Filterkaffee mit dunklen Kaffeebohnen im Hario V60 Handfilter

Man könnte meinen, dass an der Kombination Hario V60 und dunkel gerösteter Kaffee nichts besonders ist. Naja, ehrlich gesagt ist es auch nicht die Kombination an sich, die zu diesem Artikel führt. Vielmehr ist es die Tatsache, dass die Kaffeewelt hier geteilter Meinung ist. Die einen lieben dunkel gerösteten Filterkaffee mit all seinen geschmacklichen Facetten, die anderen sind da doch eher abgeneigt. Der Großteil der Anhänger des Handfilters nehmen für diese Art der Zubereitung leicht oder medium gerösteten Kaffee. Doch warum?

Um das rauszufinden habe ich mir sowohl hell als auch dunkel gerösteten Kaffee besorgt und die letzten Wochen damit herumexperimentiert. Meine Erkenntnisse könnt Ihr Euch jetzt ansehen. Übrigens: Am Ende dieses Artikels wartet mein ganz persönliches Rezept für Dark Roast Coffee auf Euch.

Dunkle vs. helle Kaffeeröstung. Wo liegt da der Unterschied?

Der offensichtlichste Unterschied ist die Farbe. Diese ist es auch, die über weitere interessante Dinge Auskunft geben kann. Wo wir auch schon beim ersten Punkt wären. Hell gerösteter Kaffee birgt mehr Säure in sich und bietet komplexere Geschmacksnoten. Dunkle Bohnen hingegen, zeichnen sich durch Geschmacksnoten von nussig bis hin zu Zartbitterschokolade oder sogar rauchigem Aroma aus. Warum ist das so?
Dazu muss man den Röstprozess und die Vorgänge in der Bohne verstehen. Vereinfacht erklärt wird dem Kaffee beim Rösten zuerst die Restfeuchtigkeit entzogen und anschließend der gewünschte Geschmack verliehen. Dies haben wir der sogenannten Maillard-Reaktion zu verdanken, die übrigens auch dafür verantwortlich ist, dass unser Toast am Morgen braun wird und somit besser schmeckt. Je weiter der Röstprozess fortschreitet, umso dunkler werden die Bohnen und somit verliert der Kaffee eine Menge seiner natürlich enthaltenen Säure. Jetzt treten die bereits oben genannten Aromen wie z. B. Bitterschokolade zum Vorschein.

Der zweite große Unterschied ist die Dichte der Zellstruktur. Klingt kompliziert? Ist es aber im Grunde genommen nicht. Was hier passiert ist, dass die Bohne mit immer dunkler werdendem Röstgrad für das Wasser durchlässiger wird. Das heißt, dass gemahlener, dunkel gerösteter Kaffee seine Inhaltsstoffe leichter an das Wasser abgibt als helle Röstungen. Hier finden wir auch schon den dritten Unterschied: Der Mahlgrad. Helle Röstungen verlangen nach einem deutlich feineren Mahlgrad dunkle Kaffees. Zu guter Letzt spielt auch die Wassertemperatur eine entscheidende Rolle.
Wie das alles zusammenhängt und die Unterschiede in Sachen Extraktion, Mahlgrad, Geschmack, Kaffeemenge und Wassertemperatur erkläre ich Euch im Folgenden.

Kaffeezubereitung mit dem Hario V60 Handfilter

Jetzt kommen wir zum praktischen Teil des Ganzen. Egal wie Ihr Euren Kaffee zubereitet, im Grunde ist der ablaufende Prozess immer gleich. Ziel ist es, eine Verbindung von heißem Wasser und den gemahlenen Bohnen zu erreichen. Auf diesem Weg löst man die Inhaltsstoffe, die einen Kaffee lecker machen. Wie oben bereits erwähnt wird die Zellstruktur der Bohnen immer stärker aufgebrochen je weiter der Röstprozess fortschreitet bzw. je dunkler die Röstung ist. Jetzt einfach her zu gehen und dunklen Kaffee in die Mühle zu kippen ohne den an die helle Röstung angepassten Mahlgrad zu verstellen ist nicht ratsam. An meiner Mühle zu Hause habe ich das Ganze selbst versucht. Während der helle Kaffee mit seiner feinen Fruchtsäure sehr angenehm zu trinken war, stieg bei den dunklen Bohnen die Bitterkeit ins unermessliche. Der Kaffee war eindeutig überextrahiert.

Was bedeutet „Überextraktion“?

So eine Bohne besteht zu 30% aus löslichen Stoffen, wie z. B. Proteinen, Koffein, Fetten, Kohlenhydraten usw. Allerdings extrahiert man idealerweise nur zwischen 18 – 22% davon aus dem Kaffee. Bei allem darüber befindet man sich in der sogenannten Überextraktion und der Kaffee schmeckt bitter. Im Folgenden erkläre ich Euch, wie ich das Zusammenspiel von Mahlgrad, Kaffeemenge und Wassertemperatur für ein gutes Ergebnis nutze und eine Überextraktion vermeide. Da die dunklen, gemahlenen Bohnen alle löslichen Stoffe (auch TDS = Total Desolved Solids genannt) leichter an das heiße Wasser abgeben, müssen wir die Bohnen um einiges gröber mahlen, damit nicht zu viele der Bitterstoffe mit in unsere Tasse gelangen. Diese Bitterstoffe können natürlich bis zu einem gewissen Grad gewollt sein. Wenn der Kaffee allerdings sehr bitter ist, flach schmeckt und ein trockenes Gefühl auf der Zunge hinterlässt dann ist es zu viel des Guten.

Ändert Ihr jetzt nur den Mahlgrad, werdet Ihr merken, dass der Kaffee viel schneller durch Euren Filter läuft und sehr flach und wässrig schmeckt. Die Bitterstoffe mögen jetzt weg sein, aber ein wirkliches Geschmackserlebnis ist das noch nicht. Auch die Stärke lässt noch zu wünschen übrig. Aus diesem Grund empfehle ich die Dosis zu erhöhen. Normalerweise brühe ich hell gerösteten Kaffee mit 20g für 300g Wasser (Brew Ratio 1:15). In diesem Fall aber nehme ich 25g auf die gleiche Menge Wasser, was einem Ratio von 1:12 entspricht. Man bietet somit dem Wasser mehr Widerstand, es bleibt etwas länger mit dem Kaffee in Kontakt und kann dadurch mehr Aroma und auch Koffein herauslösen. Es gilt hier die Balance zwischen Kaffeemenge und Mahlgrad zu finden.


Als Faustregel für die Hario V60 könnt Ihr Euch folgendes merken:

Die richtige Temperatur ist entscheidend!

Nicht nur der Mahlgrad und die Kaffeemenge sind wichtige Variablen, sondern auch die Wassertemperatur. Grundsätzlich lässt sich sagen, je höher die Temperatur, desto höher die Energie, mit der das Wasser den Kaffee „bearbeitet“. Spätestens jetzt wird klar, dass es nicht die eine entscheidende Variable gibt, sondern es vielmehr ein Gleichgewicht zwischen allen dreien herzustellen ist. Bei der Wassertemperatur sind 80°C bis 85°C ein guter Startpunkt. Klingt erstmal wenig, allerdings werdet Ihr merken, wie groß die Unterschiede in diesem Fall sind, wenn nur ein paar wenige Grad abgewichen wird. Ehrlicherweise muss ich gestehen, dass ich zu Beginn meiner „V60-Karriere“ jeden meiner gekauften Kaffees erstmal mit 90°C heißem Wasser gebrüht habe.

Das mag mit leichten und mittleren Röstungen gut funktionieren, allerdings bin ich damit bei dunklen Röstungen praktisch immer in die Überextraktion gelaufen. Seit hier ruhig mutig und probiert verschiedene Temperaturen aus und macht Euch Notizen. Wer viel herumprobiert wird sich nicht alles merken können. Mit der Zeit bekommt Ihr ein Gefühl für die Sache. Und wo wird gerade beim Wasser sind, benutzt immer gefiltertes Wasser. Ihr werdet den Unterschied merken.

Mein V60 Lieblingsrezept für Euch zum probieren

Vorbereitung

Zu aller erst benötigt ihr eine Waage, sowie einen Timer. Meinen Wasserkocher fülle ich mit gefiltertem Wasser und stelle ihn auf 80°C ein. Anschließend mahle ich den Kaffee um einiges gröber als ich es für helle Röstungen tun würde. Ein Foto an dieser Stelle ist wenig hilfreich, da auch dunkle Kaffees sich immer noch im Mahlgrad voneinander unterscheiden. Dies liegt z. B. an den unterschiedlichen Höhenlagen. Spült Euren Filter jetzt mit heißem Wasser durch, damit sich zum einen die V60 aufwärmt und zum anderen ein etwaiger Restgeschmack von Papier ausgewaschen wird. Anschließend gebt Ihr den frisch gemahlenen Kaffee in den Filter und macht in die Mitte des Kaffeebettes eine kleine Vertiefung. Startet den Timer.

Die Bloomphase

Für die Bloomphase nutze ich lediglich 50g Wasser (Kaffeemenge x 2). Ein kleiner Tipp hierzu: Je weniger Wasser man für den Bloom benutzt, um so mehr Säure kann man in der Anfangsphase aus dem Kaffee holen. Diese Tatsache mache ich mir zu Nutze, um einen Gegenpol für die Bitterkeit zu schaffen. Lasst den Kaffee jetzt bloomen bis die Uhr 0:30 Min. anzeigt. Ihr werdet merken, dass die Verbindung von Wasser und Kaffee eine ganz andere Konsistenz hat als mit hellen Bohnen. Rührt nicht um. Das würde zu diesem Zeitpunkt die Extraktion unnötig verstärken. Wir wollen ja eine Überextraktion verhindern.

Der letzte Schritt

Seit Ihr bei einer halben Minute angelangt? Gut, dann gießt jetzt die verbleibenden 250g Wasser in langsamen, kreisförmigen Bewegungen in die V60. Achtet darauf, dass dieser Vorgang etwa 30 Sekunden dauert. Und jetzt kommt ein sehr wichtiger Teil des Ganzen! Während der Wasserstand im Filter immer weniger wird, kann man beobachten, dass am Rand einiges an Kaffee hängen bleibt. Deswegen schwenkt Ihr jetzt ca. alle fünfzehn Sekunden, um den Kaffee wieder in die Mitte zu bringen, wo er vom Wasser bedeckt wird. Auf diese Art wird der gesamte Kaffee gleichmäßig extrahiert. Macht das solange, bis der Kaffee fertig ist. Der Ganze Vorgang sollte nicht länger als 2 Minuten dauern und dann ist Euer gut ausbalancierter und geschmackvoller Dark Roast in der Hario V60 fertig.

Mein persönliches Fazit:

Nach vielem hin- und her probieren konnte ich ein Rezept entwickeln, mit dem man gute Ergebnisse erzielt. Es ist nicht so, dass mir der Kaffee dann nicht schmeckt. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich nach zahlreichen Experimenten auch zur Kategorie „Light roast“ zähle, da mir leichte und florale Noten einfach lieber sind. Zumindest im Hario V60 Handfilter.

Habt Ihr Euch eigentlich schon mal gefragt, woher der Kaffee eigentlich kommt? Die Herkunft des Kaffees verrät es Euch!
Wie immer freue ich mich über Eure Kommentare, Anregungen und Fragen rund um das Thema Kaffee.

EIN KOMMENTAR
  • Aeropress Go - Review - Mario Vena Barista
    Antworten

    […] alle, die sich auch mit Filterkaffee beschäftigen wollen empfehle diesen Artikel. Weitere Informationen rund um die AeroPress, sowie die AeroPress Go erhaltet Ihr direkt beim […]

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